D I E   H Ö N I N G E R   H Ö F E


Südlich des Zollstocker Ortsbereichs, hinter der Militärringstraße liegt der kleine Ort Höningen, der bis zu den 80er Jahren nur aus einigen großen Bauernhöfen bestand. Durch die Zollstocker Flur führten seit dem Mittelalter bis zu Beginn dieses Jahrhunderts zwei wichtige Wege in Richtung Süden: der Höninger Weg (aus dem Weyertor) und der Leichweg (vom Judenbüchel, Nähe Severinstor). Beide Wege kamen in Höningen aus.

Der kleine Weiler an der Brühler Str. (einer alten römischen Heerstraße) entstand schon im frühen Mittelalter. Der fruchtbare Boden und das günstige Klima der Kölner Bucht begünstigten die landwirtschaftliche Entwicklung schon zur Römerzeit. Wir weisen hin auf die Grabkammer am Weiher im Grüngürtel hinter dem Südfriedhof. Als man 1955 bis 1960 die Siedlung „Rheinisches Heim" am Effernweg anlegte, stieß man neben den Resten eines römischen Landhauses auf ein Gräberfeld, das als Begräbnisstätte der Bewohner diente. Nach den Römern waren es die Franken, die sich als Gutsherren hier niederließen und das Gebiet landwirtschaftlich nutzten. So wird auch Höningen wohl eine frühe fränkische Siedlung gewesen sein. Darauf deutet die Endung „ingen" hin, das soviel bedeutet wie„..zugehörig zu etwas". Das Land wurde von großen Gutshöfen bewirtschaftet. Aus dem Mittelalter besitzen wir noch viele Urkunden über Landschenkungen an Klöster und Stifte. Der Ort wird in den Urkunden zuerst erwähnt, als Erzbischof Wigfried (Amtszeit 925 bis 953) im Jahre 941 an das Stift St. Cäcilien ,,einen hufe Land" (ca. 60 Morgen) in Höningen schenkte. Auch beim Kauf des Kaimershofes durch das Kloster St. Mauritius im Jahre 1166 wird „Hoingen" erwähnt. Der bekannteste und größte Hof in Höningen: der „Scheifgen- oder Schiffhof" war schon früh Eigentum des Hospitals „Zum Heiligen Geist" in Köln (am Domhof). Das Stift St. Severin, dem viele Ländereien im Süden Kölns gehörten, besaß bis zur Säkularisation den ,,Großen Rodderhof" mit viel Feld und Wald.

Um 1880 bestand Höningen, der Bürgermeisterei Rondorf im Landkreis Köln zugehörig, aus dem großen Schiffhof am Leichweg, dem Kaimersgut und dem Essershof an der Brühler Str. und der Engelsschmiede an der Ecke Militärring Brühler Str. Der seitab liegende Großrodderhof wurde früher auch zu Höningen gezählt. Die z.T. sehr alten Gutshöfe hatten ihre Bedeu- tung und sollen deshalb eingehend erwähnt werden.
 

D E R   S C H I F F H O F


Der älteste und wohl auch bedeutendste Hof in Höningen ist der Schiffhof. Seit dem 10. Jahrh. gehörte er schon dem Hospital „Zum Heiligen Geist Die Klöster bezogen damals von den Halfen (Pächtern) die Hofpachten vornehmlich in Abgaben von Getreide nebst „feiste verken und hammel schaf". Am Ende des 18. Jahrh. gehörte nur noch die eine Hälfte des Schiffhofes dem vorhin genannten Armenhaus, die andere den Kreuzbrüdern (an der Schildergasse). Im Laufe der Jahrhunderte sind Gebäude des Hofes, entweder nach einem Brand oder wegen Baufälligkeit erneuert worden. Ob die weit vor der Stadt einsam liegenden Gutshöfe, so auch der Schiffhof, bei den Kriegswirren vom 13. bis 17. Jahrh. mitunter geplündert und gebrandschatzt wurden, ist nicht erwiesen, aber wohl anzunehmen. Beim Aufbau des Hofes nach dem 2. Weltkrieg wurden Fundamente gefun- den, die wahrscheinlich aus dem 12. bis 14. Jahrh. stammen. In dem Wiesengelände zwischen Hof und Brühler Str. stieß man verschiedentlich auf Fundamente ehemaliger Hofgebäude. In der großen Scheune des Hofes zeigen geschmiedete Ankereisen die Jahreszahl 1778, die wohl auf einen Neubau der Scheune hinweist. In den Jahren 1768 und 1776 wurden die Ländereien des Schiffhofes durch den kurkölnischen Geometer Joseph Otto vermessen und abgeschätzt, um mit dem Kaimershof als Besitz des Klosters St. Mauritius eine Art „Flurbereinigung" durch Zusammenlegungen und Begradigungen der Felder durchzuführen. Auf dem dabei aufgezeichneten Plan (3''536 des Stadtarchivs) zeigt der Hof die gleiche Anlage wie heut Wie der Name sagt, betrieb der „Scheifgen- oder Schiffhof" vor allem damals die Schafzucht (Schalte oder Schelfe - Schafe), da die Kölner Weber die Schafwolle zur Herstellung des hochgeschätzten „Kölner Tuches" benötigten. Die Schafe weideten meist in der Senke des früheren Rheinarmes. Der Schiffhof lag außerhalb der Grenze des der Stadt Köln unterstehenden Burgbanns (Plan von A. Hogenberg 1610 und Plan von 1650) und gehörte somit zum kurkölnischen Gebiet. Da die Schafe auch den „Schweid" (Viehtrift) der Bauerbank Severin benutzten, kam es oft zu Streitigkeiten. 17 hat die Bauerbank Severin „vom alden Scheifhalfen 5 rtl., 40 alb. zur Borkerz und ein fed lamb" (fettes Lamm) verlangt für die Benutzung des Schweids. In den Jahren 1762, 1776 und 1782 hören wir immer wieder, daß die Bauerbank Severin Geld fordert für Schweidbenutzung. Dabei erfahren wir auch den Namen des damaligen Pächters: „der churkölnische Untertan Gottfried Voosen, Schiffhalfen zu Höningen", der bis zu seinem Tode am 18. Oktober 1799 dort verblieb. Er hat somit die Enteignung der Klostergüter um 1803 nicht mehr erlebt. Nun wurde der Schiffhof Eigentum der Armenverwaltung der Stadt Köln, wie das später am Wohnhaus ange- brachte Wappen Kölns beweist. Die Nachkommen von Gottfried Voosen scheinen aber den Hof weiter verwaltet zu haben, man hört von Gertrud, Franz und Peter Voosen bis 1822. Ein Michael Engels wird 1805 als Mann von Gertrud Voosen auf dem Schiffhof genannt. Als weitere Pächter werden noch Anton Ollig und Matthias Marx erwähnt.

Um 1860 pachtete die Firma Emil Pfeiffer et Comp, Runkelrübenzuckerfabrik aus Ossendorf (Vorgängerin der Zuckerfabrik Pfeiffer und Langen den Schiffhof zum Anbau von Zuckerrüben. Der Oeconomie-Inspektor Car Julius Eisbein verwaltete für sie den Hof bis 1875. Danach wird das Gut wieder allgemein landwirtschaftlich genutzt. Als weitere Pächter werden noch genannt van Loon-Behr (1876-1882), Gottfried Stein (1885-1899), August Fischer (1900-1909) und Georg Weber (1910-1922). Als mit der Anlage des Grüngürtels ab 1922 der Engelsschmiede fast alle Ländereien verloren gingen, verließ Franz Joseph Engels seinen Hof am Militärring und wurde ab 1925 Pächter des Schiffhofes, wo er neben der Landwirtschaft weiterhin die Herstellung landwirtschaftlicher Maschinen betrieb.

Am Ende des 2. Weltkrieges zogen die nahe gelegenen Flakstellungen im Grüngürtel starke Fliegerangriffe auf sich, wobei auch der Schiffhof oft getroffen und zu 87% zerstört wurde.

1945 übernahm Matthias Kraft, vor dem Krieg langjähriger Verwalter auf dem Konraderhof, als Pächter den Wiederaufbau des Schiffhofes. Von Dr. Konrad Adenauer, der nach dem 2. Weltkrieg von der Besatzung vor- übergehend als Oberbürgermeister in Köln wieder eingesetzt wurde, erhielt er den Auftrag, die Kriegsschäden im Grüngürtel zu beseitigen und die Rekultivierung des Grünflächengebietes vom Stadion (Müngersdorf) bis zum Rhein (bei Rodenkirchen) durchzuführen. Eine große Aufgabe für den Schiffhof. Durch die Bearbeitung und Nutzung der großen Freiflächen blieb der Hof lebensfähig.

Ab 1957 bis 1960 erfolgte die Rückführung der bisher landwirtschaftlich genutzten Freiflächen des Grüngürtels in Wiesengelände. Von den bis jetzt bewirtschafteten 750 Morgen blieben 200 Morgen Pachtland übrig, dir dem Schiffhof lt. Vertrag des Pächters mit dem Liegenschaftsamt in Köln zu- standen. Nachdem ihm davon 180 Morgen für Kleingartenparzellen genommen wurden, verblieben noch 20 Morgen, die zur Bewirtschaftung nicht mehr ausreichten. Der Pächter hatte schon 1958 Viehzucht und Schweinewirtschaft aufgeben müssen, nun kam es I960 wegen der Landverluste zum ,,Ausverkauf" dieses alten Gutshofes. Kraft verkaufte den Maschinenpark (über 100 Maschinen und Geräte) des Schiffhofes, der in der Mechanisierung des Betriebes im Rheinland mit an der Spitze lag, z.T. mit großen Verlusten.

Ab 1963 wurden die Scheunen und Stallgebäude innen umgebaut, um sie als Lagerräume nutzen zu können. Wegen der guten Straßenverbindung zur nahegelegenen Stadt haben sich inzwischen einige Firmen dort niedergelassen. Schade, daß mit diesem Gutshof das letzte landwirtschaftliche Anwesen in Stadtnähe ausgedient hat. Hoffentlich bleibt der nach der Zerstörung in der alten Form wiederaufgebaute Schiffhof auch weiterhin als Beispiel einer fränkischen Hofanlage im südlichen Teil des Grüngürtels erhalten.

(Entnommen aus dem Buch „Zollstock, wie es war und wie es wurde" von Josef Rosenzweig), mit freundlicher Genehmigung des Autors zum 25-jährigen Jubiläum des Vereins. Herausgeber: Heimatverein Alt-Köln e. V.
 

Kleingärtnerverein "Am Schiffhof" e.V.